Die Programmierung des Berlin Documentary Forum, das Anfang Juni 2010 erstmals über die Bühne ging, zielte auf Überforderung. Die künstlerische Leiterin Hila Peleg setzte selbstbewusst auf über Stunden sich entwickelnde konzentrierte Aufmerksamkeit, nicht auf Zerstreuung, Event, Festivallogik oder Installation – und war damit auf erstaunliche Weise erfolgreich. Sieben KuratorInnen waren eingeladen, eigene Schwerpunkte zu setzen, darunter Catherine David und Okwui Enwezor, die Filmemacher Eyal Sivan und Florian Schneider, die Videokünstlerin Angela Melitopoulos und Eduardo Thomas, Kurator des mexikanischen Dokumentarfilmfestivals Ambulante. Vier Tage, von Mittag bis Mitternacht: Filmvorführungen, Gespräche, Diskussionen, Lesungen, Performances, Vorträge. Der monströse Veranstaltungssaal des Hauses der Kulturen der Welt war mit wenigen präzisen Handgriffen, von Jesko Fezer, Anita Kaspar und Andreas Müller, der »Kooperative für Darstellungspolitik«, elegant, angemessen und multifunktional umgestaltet worden. Ein Raum, vom Kino her gedacht und zugleich offen für alle möglichen Formen der Präsentation und Reflexion, die danach streben, Film und den Umgang mit dokumentarischen Bildern im weiten Spektrum ihrer zeitgemäßen medialen Plattformen zu erfassen und zu theoretisieren. Ein entscheidender Rahmen, um einerseits den Charakter eines weiteren Dokumentarfilmfestivals zu vermeiden und zugleich Projektionsqualität und Zeit, die Kino erfordert, innerhalb des Kunstbetriebs zu behaupten.
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